Wo noch am Tag davor fröhliches Kinderlachen oder Lärm der Ball spielenden Schulklassen die Atmosphäre bestimmt hatte, erklangen am Morgen des Festes Christi Himmelfahrt im Mai 1969 zum ersten Mal die Worte: »Der Herr sei mit Euch!« Eine noch kleine Zahl von Gläubigen hatte sich mit Herrn Pfarrer Richard Fischer, dem die Seelsorge für die am 1. April 1969 neu gegründete Pfarrkuratie St. Lukas übertragen worden war, in der Turnhalle der Bonifatiusschule versammelt, um den ersten Gottesdienst am Aschenberg zu feiern. Ein in den Raum getragener Schultisch, mit weißem Leinentuch bedeckt und einem Kreuz in der Mitte, war zum Altar geworden, die Gläubigen hatten sich aus der Vorhalle Stühle mitgebracht und im Halbrund aufgestellt. Eine zunächst ungewohnte Atmosphäre, von Turngeräten umgeben, Gottesdienst ohne Messdiener und Orgel, in der aber bald das eigentliche Geschehen die Aufmerksamkeit und Andacht der Anwesenden bestimmte.
Die infolge fortschreitender Bebauung des Aschenbergs stetig wachsende Gemeinde St. Lukas blieb jedoch bei den Gottesdiensten in der Turnhalle eine verhältnismäßig kleine Schar. Manche Neubürger auf dem Aschenberg fühlten sich weiterhin ihrer Heimatpfarrei verbunden, andere suchten die gewohnte Umgebung und Atmosphäre in den Kirchen der Stadt. Aber für die treuen Besucher der Gottesdienste in der Turnhalle, sozusagen der Stamm der neuen Pfarrgemeinde, waren die Jahre dort etwas Besonderes - auch wenn sich Erinnerungen mit der Zeit etwas verklären: Ein wenig Diaspora-Atmosphäre, man kannte sich oder kam auch mit den neu Hinzukommenden am Ende des Gottesdienstes leichter ins Gespräch, man half mit beim Stühletragen und bei der Gestaltung des »Kirchenraumes". Dass die eigentliche Zahl der Gemeindemitglieder viel größer war, zeigte sich bei besonderen Anlässen, wenn z. B. am Weißen Sonntag Erstkommunion in der Turnhalle gefeiert wurde und der Raum für die Kinder und Erwachsenen fast zu klein war. Auch die Taufe wurde hier gespendet, und manch einem jungen Paar werden besondere Erinnerungen geblieben sein, weil sich ihr neuer Erdenbürger allzu früh im Leben der stickigen Schulluft ausgesetzt fühlte und dem in dem hallenden Turnraum lautstark Ausdruck verlieh. Auch adventliche und weihnachtliche Atmosphäre wurden in der »Notkirche« manchem in besonderer Weise spürbar, wenn Adventskranz oder Weihnachtsbaum für eine Stunde am Sonntagmorgen in der sonst kahlen Umgebung in den Blick rückten. Acht Jahre lang diente die Turnhalle der Gemeinde St. Lukas als Kirchenraum. In dieser Zeit liefen jedoch schon die Vorbereitungen für das neue Gemeindezentrum auf dem Plateau des Aschenbergs. Herr Pfarrer Fischer selbst, in seinem ersten Beruf Bauingenieur, arbeitete am Entwurf, der dann auch mit seiner zentralen Idee - Kirche nicht nur als Stätte der Begegnung mit Gott, sondern auch der Menschen untereinander - verwirklicht werden konnte. Gegen den Widerstand des Kunstausschusses der Diözese hatte der damalige Bischof Dr. Adolf Bolte Pfarrer Fischers besondere Konzeption für ein Gemeindezentrum unterstützt.
Am Sonntag, dem 19. Oktober 1975, waren alle Mitglieder der Kirchengemeinde zur feierlichen Weihe des Grundsteins eingeladen, die Stadtdechant Kretzmer vornahm. Der Rohbau war bereits erstellt, und so wurde der sinnbildliche religiöse Charakter der Grundsteinlegung besonders deutlich, den Herr Pfarrer Fischer sowohl in seiner Einladung an die Gemeinde als auch zu Beginn der Feierstunde betonte: »Wir wollen die Weihe des Steines festlich begehen, der wie ein Zeichen Jesus, den Herrn, darstellt. Wir sagen damit, dass Jesus das Fundament für den Aufbau unserer Gemeinde ist.« In den Grundstein eingemeißelt, ist dieser Gedanke mit dem Worte nicht verklungen, sondern, die Zeit überdauernd, gegenwärtig in der Wand neben dem Eingang zur Kapelle: "Einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, Jesus Christus".
Dass der Grundstein aber auch einmal in ferner Zukunft von der Zeit künden kann, in der von der Gemeinde St. Lukas das Kirchengebäude erstellt wurde, enthält er eine Kapsel mit einer Urkunde, einem neuen Gesangbuch, mit Zeitdokumenten, Münzen und einem Foto vom Kirchenraum im Rohbau.
In dem stetig sich ausweitenden Neubaugebiet auf dem Aschenberg war die Zahl der Katholiken inzwischen groß geworden - ein Zeitungsbericht von 1977 spricht von 2700 -, und so war es eine dringende Notwendigkeit und für die Gemeinde eine große Freude, als am 13. November 1977 der Hochw. Herr Weihbischof Johannes Kapp das Kirchenzentrum St. Lukas in einem feierlichen Gottesdienst weihen konnte. Ein Empfang zu Ehren des Weihbischofs und ein umfangreiches Festprogramm folgten der Weihehandlung und der Eucharistiefeier. Dass es ein besonderer Tag für die Kirchengemeinde war, zeigten die vielen Gläubigen der Pfarrei und die Zahl der Gäste, die gekommen waren und mitfeierten.
Pfarrer Fischer und Stadtdechanat Kretzmer füllen die Kapsel für den Grundstein
Feste sind »Sternstunden« im Leben, deren Glanz oft nur kurze Zeit den Alltag verschönt. Das galt auch für die Pfarrei St. Lukas, vielleicht sogar in besonderer Weise, da sie sich mit allen typischen Problemen eines sich rapide entwickelnden Neubaugebietes konfrontiert sah, in dem ein Gemeinschaftsbewusstsein sich nur sehr langsam entwickelte. Die Fluktuation der Bewohner in den Hochhäusern und Wohnblöcken, die zunehmend die Bevölkerungsstruktur auf dem Aschenberg veränderte, wirkte sich aus, und es gab noch andere Probleme.
So war es eine Art charakterisierendes Resümee nach sechs Jahren Kirchenzentrum, als Herr Pfarrer Fischer im Weihnachtsbrief 1983 an die »Freunde und Mitglieder der Gemeinde« schrieb: »Aber vielleicht bewegt es auch Sie, dass es viele in unserer Gemeinde gibt, die sich nicht recht zugehörig und aufgenommen fühlen. Die Gemeinschaft der Gläubigen von St. Lukas, die ihnen Heimat geben sollte, erscheint ihnen fremd und abweisend. Vielleicht haben viele, als sie zugezogen sind, auf ein Willkommen der Pfarrei gewartet, aber wir wussten gar nicht, dass sie da sind. (Die Ermittlungen sind schwierig. Oft dauert es ein Jahr, ehe wir die Adresse kennen.) Vielleicht haben viele mit dem Besuch des Pfarrers gerechnet, aber ich war nicht in der Lage dazu. Vielleicht ist manches anders, als sie es gewohnt waren und es ihren persönlichen Bedürfnissen entspricht. Die Enttäuschung darüber macht sie verschlossen und ablehnend. Vielleicht fehlt es ganz einfach in unserer Gemeinde an der organisierten Betreuung, wie man sie heute allgemein von einer versorgenden Behörde erwartet...«. Sorgen eines Pfarrers, die wohl teilweise nicht nur für die katholische Kirchengemeinde galten, sondern ein allgemeines gesellschaftliches Problem beschrieben.
Das war nur ein Teil der Wirklichkeit. In dem neuen Kirchenzentrum hatte sich andererseits durch viele, die sich zugehörig fühlten, ein reges Gemeindeleben entwickelt. Engagierte Frauen bereiteten die Kinder auf die Erstkommunion vor, Frauen und Männer erteilten Firmunterricht, Kirchenchor und Musikgruppen sowie ein Kinderchor nutzten die guten Übungsmöglichkeiten, in Jugendforen, von ehrenamtlichen Erwachsenen geleitet, wurde Jugendarbeit geleistet, Missions- und Bastelkreis entfalteten ihre Tätigkeit, und auch die älteren Menschen der Gemeinde trafen sich im Seniorenraum zu Gespräch und gemeinsamem Kaffeetrinken sowie gelegentlichen informativen Veranstaltungen.
Eine besondere Förderung erfuhr das Gemeindeleben durch die Mission vom 2. bis 17. März 1985 mit dem Thema »Hoffnung und Freude aus dem Glauben«. Zu zwei Wochen der Glaubenserneuerung und Glaubensvertiefung hatte Herr Pfarrer Fischer die Franziskanerpatres Claudius Groß und Max Rademacher aus Marienthal sowie Helmut Schlegel aus Saulgau/Württemberg eingeladen. In Gottesdiensten mit Predigten, in Familiengesprächskreisen und in Kontaktgesprächen mit den verschiedenen Gruppen der Gemeinde, von Kindern bis zu Senioren, wurden Themen und Probleme behandelt, die eine katholische Gemeinde bewegte. Der Themenkatalog reichte von der Frage nach dem Sinn des Lebens über das Verständnis der Sakramente bis zu den Spannungen zwischen den Generationen und den Fragen um die sittliche Verantwortung des Christen in unserer Gesellschaft.
Nach diesen Missionstagen mit dem Erlebnis eines neuen Aufbruchs kam von vielen aus der Gemeinde der Wunsch, das Begonnene weiterzuführen, v. a. im praktischen Tun. Auch wurde eine erneute Gemeinde-Mission im Februar 1988 gehalten mit dem Thema »Leben dürfen unter Gottes Augen«, wiederum geleitet von Pater Claudius und Pater Helmut, unterstützt von Pater Thomas.
Was Missionstage an Glaubensgewinn und neuer Lebensfreude dem Einzelnen geben, lässt sich nicht dokumentieren, doch sie haben auch - wie schon angedeutet - sichtbare Spuren hinterlassen. Beispielsweise seien hier der Familienkreis genannt und die bis heute jährlich durchgeführten Wallfahrten mit Pater Claudius, beides angeregt durch die Missionstage von 1985. Darüber und über andere Aktivitäten in einer lebendigen Pfarrgemeinde ist in dieser Festschrift ausführlicher zu lesen, wodurch vielleicht auch deutlich wird, dass Glaubensleben existiert, ohne sich im Rampenlicht der Öffentlichkeit darzustellen.
Das Jahr 2001 brachte eine wichtige Veränderung in der Pfarrei St. Lukas. Nach 32 Jahren als Seelsorger auf dem Aschenberg wurde am 2. Dezember Herr Pfarrer Richard Fischer mit herzlichen Dankesworten für all das von ihm Geleistete in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet. Kurze Zeit später, am Sonntag, dem 9. Dezember, wurde Herr Dr. Dagobert Vonderau als sein Nachfolger feierlich eingeführt. Mit Eifer und Tatkraft hat er seitdem die vielfältigen Aufgaben angegangen, die sich in einer Kirchengemeinde stellen, die heute statistisch aus 3678 Gläubigen besteht, von denen 114 aus 22 anderen Nationen stammen.
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